Mit MS NORDERAUE auf die grüne Insel

NORDERAUE noch an der Ausrüstungspier in der Neptun Werft (Archiv)
NORDERAUE noch an der Ausrüstungspier in der Neptun Werft (Archiv)

Neptun Werft liefert kombinierte Auto- und Personenfähre ab 

Insgesamt 40 eigene Schiffe hat die Wyker Dampfschiffsreederei in ihrer 133-jährigen Geschichte bereedert.. Im Juni 2018 kam als 41. Schiff das neue Fährschiff M/S NORDERAUE hinzu. Der Neubau verfügt über vier Dieselmotoren sowie vier Voith-Schneider-Antriebe.

Mit der Taufe der Fähre NORDERAUE am 08.06.2018 hat die W.D.R. ihre dritte Doppelendfähre in Betrieb genommen. Die traditionsreiche Reederei ergänzt mit dem Neubau ihre Flotte auf der stark frequentierten Föhr-Amrum-Linie.

Die NORDERAUE – ein verbesserter Nachbau der 2010 und 2011 in Dienst gestellten Doppelendfähren UTHLANDE und SCHLESWIG-HOLSTEIN – ist bereits seit Anfang Mai 2018 auf der Föhr-Amrum-Linie im Planeinsatz. Sie hat dort die RUNGHOLT aus dem Jahre 1992 ersetzt, deren Verkauf gerade vorbereitet wird.

Wie schon bei den beiden Schwesterschiffen UTHLANDE und SCHLESWIG HOLSTEIN sorgen vier VSP (Voith Schneider Propeller) für den Antrieb der Fähre. Mit einer Eingangsleistung von jeweils 470 kW kann die NORDERAUE mit einer Geschwindigkeit von maximal zwölf Knoten betrieben werden. Im Linienverkehr wird diese Geschwindigkeit kaum benötigt. Die Leistungsreserven erleichtern aber den verbrauchs- und emissionsoptimierten Betrieb. Zudem erlauben sie, Verspätungen oder ungünstige Wetterbedingungen zu kompensieren.

Mit einer Länge von 75,88 m und einer Breite von 16,4 m ist der Neubau maximal für 1138 Passagiere ausgelegt. Ein erweitertes Fahrzeugdeck mit vier Spuren für Lkw trägt der höheren Nachfrage in der Inselversorgung Rechnung, so dass künftig Abfahrten mit hoher Lkw-Frequenz besser bedient werden können. Insgesamt stehen rund 350 Spurmeter für Pkw und 280 Spurmeter für Lkw zur Verfügung.

In saisonbedingten Stoßzeiten sind die Fahrgäste, die mit dem Auto nach Föhr oder Amrum übersetzen möchten, die Nutznießer: die Wartezeiten verringern sich erheblich, wenn mit der NORDERAUE ein besonders ladestarkes Schiff im Einsatz ist.

Aufgrund der flachen Fahrrinne dürfen Schiffe im Wattenmeer nur einen geringen Tiefgang aufweisen. Gerade einmal 1,958 Meter beträgt dieser beim neuen Schiff der W.D.R. Um diesen geringen Wert trotz der Größe des Schiffs zu erreichen, sind die Flügel der verwendeten VSP etwas kürzer als in der Standardversion. Damit dennoch eine hohe Leistung ins Wasser übertragen werden kann, wurden insgesamt vier VSP installiert. An jedem Ende, des auf der Neptun Werft in Rostock gebauten Schiffs, befinden sich jeweils zwei der bewährten Antriebe vom Typ 16R5 EC/100-1. Laut Voith steigert das zum einen die Ausfallsicherheit, die ohnehin wegen der Robustheit des VSP schon besonders hoch ist. Zum anderen bleibt die Fähre selbst bei Niedrigwasser in den Fährhäfen Dagebüll, Wyk oder Wittdün problemlos manövrierfähig.

Mit dem VSP-Antrieb können Fahrtschub und Steuerkräfte in jeder Richtung stufenlos von Null bis zum Maximalwert ohne Wirkungsgradeinbußen erzeugt werden. Das Schiff kann also „auf dem Teller“ drehen und hat zudem keine bevorzugte Fahrtrichtung.

Aufgrund der symmetrischen Bauweise des Schiffs entfallen im planmäßigen Fahrbetrieb zeitraubende Wendemanöver, was auch den Spritverbrauch reduziert. Erst dieses Baukonzept ermöglicht den W.D.R. Doppelendfähren daher den effizienten Einsatz im Wattenmeer.

Die ertsen planmäßigen Überfahrten von Dagebüll nach Wyk / Föhr (Archiv)NORDERAUE fertig zum Einsatz (Archiv)Die NORDERAUE an ihrem Anleger auf der Insel Föhr (©W.D.R.)Blick auf einen VSP-Antrieb (Pospiech)Anordnung zweier Antriebsmotoren je Schiffsende (Pospiech)

Die schräg angeordneten VSP auf der NORDERAUE haben fünf Flügel mit einem Kreisdurchmesser von 1.60 Metern. Mit dieser VSP-Anordnung ragen die Flügelspitzen nicht unter dem Kiel hinaus. Falls es doch mal „schiefgehen“ sollte, kann die Fähre auf dem Wattboden trocken fallen und die Propeller werden nicht beschädigt.

Aus Umweltschutzgründen wurden die Voith Schneider Propeller für den Betrieb des Neubaus mit Bio-Öl optimiert. Ferner wurden die VSP schwingungstechnisch verbessert, um die Effizienz zu steigern und Vibrationen zu minimieren. Das Unternehmen liefert außerdem die passenden Bogenzahnkupplungen, welche die Verbindung zwischen Antriebsmotor, Kumera-Getriebe und VSP herstellen. Damit kann auf ein Zwischengetriebe und eine zusätzliche Verbindungswelle verzichtet werden. Der Antriebsstrang ist somit insgesamt nicht nur kompakter, sondern erhöht zudem die Wirtschaftlichkeit und schließt eine weitere Geräuschquelle aus.

Der Antrieb besteht aus vier Achtzylinder-Dieselmotoren des bekannten Caterpillar Arbeitsschiffsmotor der Baureihe 3508c DITA SCAC (in IMO II – Ausführung). Jeder der Motoren leistet in dieser Ausführung 578 kW bei 1.200/min. Den Bordstrombedarf decken zwei Caterpillar-Aggregate ab die jeweils ihre Motorleistung von 150 ekW über einen Sechszylinder C 7.1-Reihenmotor an die SAM-Electronics Generatoren abgeben. Ein zusätzliches Notstrom-Dieselaggregat mit einem Caterpillar-Motor vom Typ C 7.1 leistet 143 ekW bei 1.500/min.

Obwohl mit schwefelarmen Dieselkraftstoff gefahren wird besitzt die NORDERAUE eine Separatorenanlage im Hauptmaschinenraum. Ein Alva Laval Separator sorgt kontinuierlich für absolut sauberen Kraftstoff für die Dieselmotoren. Dieselkraftstoffe unterschiedlicher Qualität können störende Beimengungen enthalten, die, falls der Kraftstoff nicht sorgfältig gereinigt wird, zu schweren Störungen im empfindlichen Einspritzsystem führen können.

Während der Überfahrt stehen den Reisenden neben einem geräumigen, fremdverpachteten Gastronomiebereich, rund 500 Sitzplätze zur Verfügung. Weitere 150 kommen in den Salons hinzu. Ebenso haben die Passagiere die Möglichkeit, sich auf den Sonnendecks aufzuhalten, die auch von mobilitätseingeschränkten Personen per Aufzug erreicht werden können. Inneneinrichtung und Sonnendeckbestuhlung wurde von den Firmen R & M sowie Lehmann+Sohn durchgeführt.

Beim Bau der NORDERAUE wurden die Anforderungen der “Blauer Engel”-Norm RAL-UZ 141 “Umweltfreundliches Schiffsdesign” umgesetzt. Die entsprechende Zertifizierung läuft bereits. Noch in diesem Jahr soll die NORDERAUE außerdem die Zertifizierung nach der Norm RAL-UZ 110 “Umweltschonender Schiffsbetrieb” erhalten. Ihre Schwester SCHLESWIG-HOLSTEIN trägt seit Herbst 2017 als weltweit erste Fähre bereits beide “Blauen Engel”.

Das Schiff wurde unter Aufsicht des Bureau Veritas gebaut der ihm auch das Klassezeichen ”I + HULL + MACH Ro-ro passenger ship Coastal area + AUT-UMS” bescheinigte

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.