Abeking & Rasmussen: ”Wir machen etwas richtig oder gar nicht!”

Design einer Luxusyacht. © A&R
Design einer Luxusyacht. © A&R

Zahl des Tages: 111

Als Georg Abeking zusammen mit dem Dänen Henry Rasmussen 1907 die Schiffs- und Yachtwerft ins Leben rief, ahnte keiner von beiden, dass aus dem damals kleinen Werftbetrieb mit Sitz in Lemwerder, Region Bremen, ein weltbekanntes Unternehmen für erstklassigen Schiffbau werden wird.
Heute plant, entwirft und baut das mittlerweise in eine Europäische Gesellschaft umgewandelte Unternehmen unter anderem große Motoryachten, die zu den begehrtesten auf der Welt gehören. Aber auch andere Schiffstypen wie Lotsenversetz-, Behörden-, Marine- und andere Spezialschiffe bis zu einer Länge von 125 Metern baut die Werft mit großem Erfolg.
Die weltweiten Kunden der bei A&R gebauten Yachten haben eine langjährige Beziehung mit der Werft, lassen sie regelmäßig überholen und ”updaten” oder bestellen einen Nachfolge-Bau und stellen fest: ”Wo immer wir mit unserer Yacht auftauchen, wird es emotional! A&R-Yachten sorgen für Aufsehen, Staunen und Begeisterung”. Aber auch Marinen, Küstenwachen, Behörden und Reedereien gehören zum Kundenkreis, die sich alle der A&R-Familie zugehörig fühlen. Man gehört dazu und fühlt sich dem Unternehmen verbunden.
Einen ganz besonderen Namen hat sich die Werft mit ihren SWATH@A&R-Fahrzeugen gemacht.

Schiffbau mit einer persönlichen Note

A&R ist eine Erfolgsgeschichte mit vielen Kapiteln. Es ist eine Geschichte einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen deren Versuchs- und Entwicklungsingenieure sich gegenseitig unterstützen und neue Ideen entwickeln. Und es ist eine Geschichte einer Firmenführung die seit drei Generationen im Familienbesitz ist. Eine Geschichte von Managern die kontinuierlich und vorausschauend den Erfolg im Schiffbau planen und lenken – und das für viele weitere Generationen.

Kontinuität und Qualität

Erst vor wenigen Monaten wurde der 57jährige Diplom-Ingenieur Carsten-Söhnke Wibel als Geschäftsführer in die zur Unternehmensgruppe gehörende A&R Special Vessels GmbH berufen.
Wir sprachen mit Carsten Wibel über seine neue Aufgabe und die Zukunft des Unternehmens.

Geschäftsführer Carsten Wibel vor ausgelieferten SWATH@A&R Booten. ©P.PospiechSuper yacht ELANDESS. © A&RLuftbild der Werft Abeking&Rasmussen. © A&RElandess und AVIVA (links) auf der Themse. © A&RSWATH@A&R Lotsenversetzboot HOUSTON für Houston Pilots. © A&RSuper Yacht AVIVA. © A&RSWATH@A&R Schiffe in verschiedenen Größen. © A&R

VEUS-Shipping: Herr Wibel, geben Sie uns bitte einen kurzen Überblick über Ihren Lebenslauf und seit wann sind Sie in Ihrer jetzigen Position?
C. Wibel: Als gebürtiger Wilhelmshavener und ”Marine-Kind” lag es nahe, dass ich mich der Seefahrt zuwendete. An der Hochschule Bremerhaven habe ich, nach Seefahrtzeiten bei verschiedenen Reedereien, das Schiffsbetriebstechnik-Studium begonnen und nach einem Wechsel aus familiären Gründen mit dem Diplom und der Befähigung zur Führung von Schiffsantrieben aller Leistungen, an der Fachhochschule Hamburg erfolgreich abgeschlossen. Dann fuhr ich bei der Hamburger Bugsier-, Reederei- und Bergungs-Gesellschaft als technischer Schiffsoffizier auf deren Frachtern sowie Hafen-, See- und Bergungsschleppern. Besonders prägend war für mich meine Fahrtzeit auf dem Hochseeschlepper OCEANIC. Nachdem ich zunächst zwei Jahre bei einem Bremer Forschungs- und Entwicklungsunternehmen tätig war, wechselte ich dann 2000 zurück zur BUGSIER als Projektleiter ”Küstenschutz”. Mein wichtigstes Projekt in den darauffolgenden 18 Jahren bei der BUGSIER war der Notschlepper NORDIC, dem weltweit leistungsstärksten Notschlepper mit außenluftunabhängiger Schutzluftversorgung.

Privat bin ich seit über 32 Jahren mit meiner Frau Anke, die als Seemannsdiakonin den internationalen Seemannsclub ”Duckdalben” in Hamburg leitet, glücklich verheiratet. Gemeinsam sind wir stolze Eltern von zwei Töchtern im Alter von 29 und 18 Jahren.
Seit Mai 2018 bin ich nun als Geschäftsführer bei der A&R Special Vessels GmbH beschäftigt.

VEUS-Shipping: Was hat Sie dazu bewogen die jetzige Position zu übernehmen?
C. Wibel: Als leidenschaftlicher Schiffsbetriebsingenieur begeistern mich natürlich innovative Spezialschiffe. Und wenn man eine solche Aufgabe angeboten bekommt, kann man eigentlich nicht ”Nein” sagen – wenn die Familie die Entscheidung mitträgt.
VEUS-Shipping: Welche Fähigkeiten benötigt man dafür?
C. Wibel: Zuhören, zuhören und nochmals zuhören! Augen und Ohren aufmachen, möglichst viele Informationen aufnehmen und dann durch Fragen erkennen, wo man seine eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten einbringen kann.
VEUS-Shipping: Was motiviert Sie dabei?
C. Wibel: Mir bringt die maritime Industrie sehr viel Spaß – die Erfahrungen, die ich während meiner Seefahrtzeit machen konnte, möchte ich in Neubauprojekte mit einbringen, um deren Besatzungen möglichst geeignete Fahrzeuge für gutes, sicheres und effektives Arbeiten zu liefern. Und ich möchte Innovationen mit voranbringen, die die Seeschifffahrt sicherer, zuverlässiger und umweltfreundlicher machen.
Insbesondere möchte ich an der Entwicklung innovativer, nachhaltiger Lösungen mitarbeiten. Und A&R ist dabei sehr aktiv, von der Entwicklung neuer Schiffstypen über immer bessere Fertigungstechnologien und –abläufe bis hin zum Bereich neuer Schiffsbetriebsstoffe sowie neuer Schiffsantriebe.
VEUS-Shipping: Abeking & Rasmussen ist eine weltbekannte Schiffswerft die auf eine lange Boots- und Schiffbautradition zurückblicken kann. Was hat das Unternehmen zu dem gemacht was es heute ist?
C. Wibel: Wie die beiden Werftbegründer, Henry Rasmussen und Georg Abeking, ist die A&R-Firmenleitung immer ihrem Ziel treu geblieben, Qualitätsarbeit auf höchstem Niveau zu liefern. Heute noch kreuzen legendäre Yachten, die noch in der Zeit Rasmussens gebaut wurden, in den schönsten Segelrevieren der Welt. Unter Oldtimer-Segelbootbesitzern ist ein handwerklich gebautes Boot von A&R vergleichbar mit einem Rolls-Royce unter Automobilliebhabern.
Aktuell beschäftigt A&R 450 langjährige Mitarbeiter inklusive 42 Auszubildenden. Und genau so kontinuierlich ist das Unternehmen: in den nun 111 Jahren seit seiner Gründung hat A&R erst den dritten Chef – jeder mit seiner ureigene Vision der Firmenführung. Und die Mitarbeiter identifizieren sich in hohem Maße nicht nur mit ”ihrer” Werft und ihren Produkten, sondern auch mit der Firmenführung.
Inzwischen leitet Hans M.Schaedla, Urenkel des Firmengründers Henry Rasmussen, das erfolgreiche Unternehmen, das mit ausgefallenen Yachtkonzepten die äußerst anspruchsvolle Kundschaft überzeugen kann. Dieser Ideenreichtum, gepaart mit den Ansprüchen an Qualität und Liebe zum Schiffbau, wird die Werft auch in der Zukunft beibehalten. Alle von A&R bisher gebauten Schiffe kennzeichnet die unverwechselbare Handschrift des Unternehmens, das seit seiner Gründung anhand eigener Forschungs- und Entwicklungsergebnisse, verbunden mit HighTech-Erkenntnissen aus anderen Branchen, stets auf dem modernsten Stand gehalten wurde.
Ein Beispiel für diesen modernen Schiffbau ist, neben den berühmten Yachten und Segelschiffen, die weltweit erfolgreichen und bekannten SWATH@A&R-Spezialschiffe. Diese Abkürzung steht für ”Small Waterplane Twin Hull”, also Doppelrumpfschiffe mit geringer Wasserlinien-Durchgangsfläche. Damit wurde von der Spezialschiffswerft unter anderem das internationale Lotsenversetzsystem revolutioniert. A&R hat die SWATH-Bauart zwar nicht selbst erfunden, jedoch konsequent aufgegriffen und weiterentwickelt. Diese Rumpfform ist besonders geeignet für Einsätze, bei denen es auf eine ruhige, sichere Lage im Wasser ankommt. Hierzu zählen neben Lotsenschiffe auch Versorgungsschiffe für Offshore-Anlagen und Windparks, Luxus- und Expeditionsyachten, Behörden- oder auch militärische Schiffe. Heute ist die Werft unangefochtener Weltmarktführer für diesen speziellen Schiffstyp, von dem sie bisher in vier verschiedenen Größen von 25 und 60 Metern Länge 26 Fahrzeuge gefertigt hat.
VEUS-Shipping: Womit hatte Abeking & Rasmussen bisher den größten Erfolg?
C.Wibel: Das ist schwer zu sagen da im Grunde alles, was wir anfangen ein Erfolg wird. Unter Oldtimer-Segelbootbesitzern ist beispielsweise ein handwerklich gebautes Boot von A&R vergleichbar mit einem Rolls-Royce unter Automobilliebhabern. Berühmte Yachten und Segelschiffe gehören ebenso auf die Erfolgsliste wie die, inzwischen schon weltweit bekannten, SWATH-Spezialschiffe.
VEUS-Shipping: Welche Strategien verfolgen Sie, bzw worauf haben / werden Sie sich konzentrieren? Welche Herausforderungen muß sich A&R heute und in Zukunft stellen?
C.Wibel: Wir versuchen besser zu sein als andere. Wir haben uns in der Vergangenheit und das werden wir auch verstärkt in der Zukunft machen, sehr mit Forschung und Entwicklung beschäftigt. D.h. wir konzentrieren uns auf neue Propulsionssysteme und mehr noch auf neue bzw alternative Kraftstoffe. Wie es so schön heisst: Wir entwickeln in alle Richtungen!
VEUS-Shipping: Wie sieht Ihre derzeitige Auftragslage aus?
C. Wibel: Aufgrund vertraglicher Verpflichtungen darf A&R keine Informationen über noch zu bauende Fahrzeuge bekanntgeben. Erkennbar ist aber, dass die Werft die nächsten Jahre gut ausgelastet ist. Trotzdem gibt es noch ”Luft nach oben”: Wenn beispielsweise heute eine Kreuzfahrtreederei ein Luxus-Expeditionsschiff mit rund 100 m Länge für gut 120 Passagier haben möchte, wäre in den modernen Schiffbauhallen noch Fertigungskapazität vorhanden.

VEUS-Shipping: Wir danken für das Gespräch.

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.