Wärtsilä im Club der Schnellläufer angekommen

Schnelllaufende Dieselmotoren waren in der Schifffahrt lange Zeit nicht gerade beliebt für Hauptantriebe, obwohl zuverlässige Motoren mit Leistungen bis zu 10 MW auf dem Markt waren. Nur bei Marineschiffen hatten sich diese Motoren durchsetzen können. Kombiniert mit Gasturbinen boten sie geradezu ideale Antriebsanlagen für Fregatten und Korvetten. Das zweite Feld, auf dem sie seit einigen Jahrzehnten erfolgreich zum Einsatz kommen, sind Megayachten.

Schnellläufer des unteren Leistungsbereichs mit 500 bis 1000 kW sind außer bei Behördenfahrzeugen inzwischen auch bei Fähren und Arbeitsbooten aller Art gut vertreten.

Für Marineschiffe und Megayachten sind MTU-Motoren seit Jahrzehnten erste Wahl. Caterpillar ist jedoch nicht nur bei den Yachtantrieben ein bedeutender Konkurrent, sondern vor allem bei schnellen Fähren und Binnenschiffen. Weitere Wettbewerber, vor allem im unteren Leistungsbereich, sind Cummins, MAN Engines, Yanmar und nun auch Wärtsilä.

Das finnische Unternehmen hatte schon vor einigen Jahren versucht, sein Programm mit schnelllaufenden Dieselmotoren nach unten abzurunden. Doch der Versuch, die MTU Friedrichshafen zu übernehmen, als diese zum Verkauf stand, schlug fehl. Der Einstieg in den Bereich der Schnellläufer ist insofern interessant, als das Unternehmen vor noch gar nicht so langer Zeit sich von seinen Aktivitäten im oberen Leistungsbereich getrennt hat. Bei den Zweitaktmotoren stand offenbar der notwendige Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu den Erträgen.

Der neue „Wärtsilä“-Motor

Der neue Wärtsilä 14 für den Schiffseinsatz

Schnellläufer des unteren Leistungsbereichs mit 500 bis 1000 kW sind außer bei Behördenfahrzeugen inzwischen auch bei Fähren und Arbeitsbooten aller Art gut vertreten.

Um es vorweg zu nehmen: Der schnelllaufende Dieselmotor „Wärtsilä 14“ ist kein eigenes Produkt des Unternehmens, sondern die Adaption eines bereits für andere Anwendungen serienmäßig hergestellten Motors des Baumaschinenherstellers Liebherr. Wie es heißt, ist Liebherr nicht nur für die Entwicklung und Klassifizierung, sondern auch für die Herstellung des Motors verantwortlich, während Wärtsilä ihn vermarktet und den weltweiten Service übernimmt. Die ersten Motoren sollen gegen Ende 2019 ausgeliefert werden.

Nun zur Technik: Wie Liebherr offiziell mitteilt, ist der Wärtsilä 14 eine Entwicklung auf Basis der Liebherr-Motoren der Baureihe 96, die in Ausführungen mit 12, 16 und 20 Zylindern angeboten werden. Bohrung und Hub sind ebenso unverändert wie die Drehzahlen. Lediglich die maximale Leistung ist für den maritimen Einsatz etwas zurück genommen worden Hinsichtlich ihrer Hauptabmessungen – Bohrung und Hub – sind der Liebherr D 96 und der Wärtsilä 14 mit 135 bzw. 157 mm fast identisch mit den MTU-Motoren aus einer der 2000er Baureihen (135/156 mm). Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Drehzahl und damit der Kolbengeschwindigkeit. Offenbar geht man bei Wärtsilä und Liebherr recht vorsichtig an den Markt und begrenzt die Höchstdrehzahl auf 1900 min-1, was einer Kolbengeschwindigkeit von konventionellen 9,94 m/s entspricht, während für die MTU-Motoren 12,74 m/s, entsprechend 2450 min-1 zugelassen werden. Daraus ergeben sich bei nahezu gleich großem Hubraum von 2,25 Liter pro Zylinder die Unterschiede in den Höchstleistungen.

Wärtsilä und Liebherr lassen gegenwärtig eine Zylinderleistung von maximal rund 84 kW zu, beim MTU-Motor sind es rund 121 kW pro Zylinder. Das spricht durchaus für ein Weiterentwicklungspotential des neuen Motors. Man darf gespannt sein. Verfügbar werden demnächst nur die V-Motoren mit 12 und 16 Zylindern sein, aber im Hintergrund gibt es ja noch einen 20-Zylinder-Motor. Neben Antrieben von Bordaggregaten ist der Einsatz als mechanischer Hauptantrieb sowie die Anwendung bei hybriden Antriebsanlagen vorgesehen.

Motoren im Vergleich
Die hier verglichenen Dieselmotoren konkurrieren alle in derselben Leistungsklasse, obwohl der Hubraum der Motoren von Cummins und Yanmar deutlich größer ist, als der aller anderen Motoren.

Schlussbemerkungen

Zur großen Überraschung der Fachwelt hat Wärtsilä den Motor 14 nicht auf der SMM in Hamburg, sondern nur wenige Wochen später auf der internationalen Fachmesse für Arbeitsboote in New Orleans in den USA vorgestellt. Bei Liebherr wird von einer „langfristigen Zusammenarbeit“ gesprochen, in die „Liebherr bereits sehr weitreichende Erfahrungen in der Motorenentwicklung“ einbringt. Wie schwierig es ist, schnelllaufende Dieselmotoren für den Antrieb von kommerziell genutzten Schiffen erfolgreich zu vermarkten, haben andere Beispiele in der Vergangenheit gezeigt.

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Hans-Jürgen Reuß
Der Autor betreibt ein Pressebüro mit den Schwerpunkten Schifffahrt, Schiffbau, Schiffbauzulieferindustrie und Schifffahrtsgeschichte.