FDH-Partner entwickeln emissionsfreies Antriebssystem für Binnenschiffe

Wärtsilä und seine ZES-Partner setzen sich für die Förderung emissionsfreier Transporte auf Binnenwasserstraßen ein.
Wärtsilä und seine ZES-Partner setzen sich für die Förderung emissionsfreier Transporte auf Binnenwasserstraßen ein. Copyright: ZES.

Erste vollelektrisch angetriebene Binnenschiffe sollen noch in diesem Jahr in Betrieb gehen.

Anfang Juni 2020 wurde Zero Emission Services B.V. (ZES) gegründet. ZES stellt ein neues Energieträgersystem zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Binnenschifffahrt vor, dass eine für jedermann zugängliche Infrastruktur für eine emissionsfreie Schifffahrt bieten kann. ZES bietet ein bedarfsgerechtes Paket an Produkten und Dienstleistungen, das auf austauschbaren Akku-Containern mit grünem Strom, Ladestationen, technischer Unterstützung und einem innovativen Bezahlungskonzept für Schiffseigner aufgebaut ist.

ZES wurde von dem Finnisch-Deutsch-Holländischen Konsortium ING-Bank, dem Anbieter von Energie und technischen Dienstleistungen ENGIE, dem maritimen Technologieunternehmen Wärtsilä und dem Hafenbetrieb Rotterdam gegründet. Außerdem wurde dieser erste Schritt in Richtung der emissionsfreien Binnenschifffahrt vom niederländischen Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft unterstützt. Die HEINEKEN-Brauerei hat sich ZES gegenüber dazu verpflichtet, zehn Jahre lang Bier nahezu emissionsfrei von der Brauerei in Zoeterwoude nach Moerdijk zu transportieren und gibt damit ein klares Vertrauenssignal als Endkunde ab.

Wie funktioniert das System?

Willem Dedden, CEO von Zero Emission Services: „Mit ZES führen wir in der Binnenschifffahrt ein neuartiges System ein: Mit Hilfe von austauschbaren, mit nachhaltig generiertem Strom geladenen Akku-Containern (ZESPacks) können Binnenschiffe emissionsfrei fahren. Für den Austausch des Akku-Containers wird ein Netzwerk von Open Access-Ladepunkten aufgebaut. Dort werden die ZESPacks gegen frisch aufgeladene Container ausgetauscht, so dass die Schiffe mit einer minimalen Wartezeit schnell weiterfahren können. Diese „Powerboxen“ wurden für mehrere Anwendungen entwickelt, so dass sie auch zeitweise an Land eingesetzt werden können, beispielsweise zur Stabilisierung des Stromnetzes oder zur Deckung eines befristeten örtlichen Elektrizitätsbedarfs. Das System ist zukunftsbeständig, weil es vom Energieträger unabhängig ist“.

Akku und Technik

Die Leistungsbandbreite von Binnenschiffen variiert überwiegend von 500 bis 1.000 kW.  Mit Hilfe eines ZESPack-Containers von 2.000 kWh kann ein Binnenschiff 2 bis 4 Stunden fahren. Mit zwei ZESPacks kann dann schon eine Entfernung von 50 bis 100 km abgelegt werden.

100 % sicher

Sowohl im Container als auch an Bord vorgesehene Regelungssysteme gewährleisten den Überlastschutz der Akkus. Mit Hilfe von Kühlsystemen wird die Temperatur im Container konstant gehalten. Der Container selbst ist durch seine Isolation brandgeschützt und mit Lösch- und Sicherheitssystemen ausgerüstet. Sogar wenn es in der Umgebung des Containers brennt, bleibt die Sicherheit des Containers gewährleistet!

Umweltschutz und Materialien

Der ZESPack hat für diese Anwendung eine garantierte Nutzungsdauer von 10 Jahren. Nach 10 Jahren ist die Akku-Lebensdauer um ca. 20 % gesunken. Damit gibt es zahlreiche andere Anwendungen, in denen die Container noch weitere 10 Jahre zum Einsatz kommen können. Am Ende der Lebensdauer können die Materialien zurückgewonnen und für eine Wiederverwendung aufbereitet werden. Aufgrund der langen Lebensdauer des ZESPack ermöglicht das System eine erheblich größere Einsparung von Emissionen, als für den Bau der Akkus anfallen.

Das Pariser Klimaabkommen verlangt eine Steigerung der Nachhaltigkeit der gesamten Transportbranche. Gegenwärtig entfallen auf den gesamten niederländischen Transportsektor 21 % der Kohlendioxid-Emissionen in den Niederlanden. Innerhalb der Transportbranche ist die Binnenschifffahrt für 5 % der Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich. Im „grünen Deal“ für die See- und Binnenschifffahrt und den Häfen wurden Vereinbarungen über die Verwirklichung der Nachhaltigkeit der Binnenschifffahrt getroffen. Mit der Umstellung von der dieselgetriebenen Binnenschifffahrt zum vollelektrisch angetriebenen Transport realisiert die Binnenschifffahrt einen wichtigen Schritt in Richtung der Verwirklichung des Pariser Klimaabkommens.

Konkurrenzfähige Betriebskosten

Um dem Eigner die Umstellung auf eine emissionsfreie Fahrt zu erleichtern, wurde eine innovative Finanzierungsform auf „Pay-per-Use“-Basis entwickelt. Dadurch stellt ZES nur die Kosten für die verbrauchte nachhaltige Energie und die Miete des Akku-Containers in Rechnung, sodass die Betriebskosten des Schiffers konkurrenzfähig bleiben. Das Schiff muss jedoch auf einen elektrischen Antriebsstrang umgerüstet werden.

Für die Systemveränderung fällt in der ersten Phase ein Gesamtkostenaufwand von € 20 Millionen an, der finanziell von ING, ENGIE, Wärtsilä, dem Hafenbetrieb Rotterdam und dem niederländischen Staat aufgebracht wird. Der niederländische Staat leistet einen Beitrag durch Fördermittel des Ministeriums für Infrastruktur und Wasserwirtschaft sowie einen Zuschuss der Unternehmensagentur der Niederlande (Netherlands Enterprise Agency) im Rahmen der Politik zur Steigerung der Nachhaltigkeit der Transportbranche. 

Zielsetzung

ZES will mit diesem Konzept die gesamte Binnenschifffahrt und das Short-Sea-Shipping dazu mobilisieren, auf emissionslose Antriebe umzusteigen. Die erste Ladestation wird auf dem Korridor Zoeterwoude – Alpherium – Moerdijk realisiert. Anschließend wird sich die Fokussierung auf die Einrichtung des Korridors Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen sowie die Herstellung einer Verbindung nach Nijmegen richten. In der ersten Phase liegt der Schwerpunkt auf Containerschiffen (Neu- und Umbauten) für die Binnenschifffahrt. 

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Dipl. -Ing. Peter Pospiech
Redaktionsleitung bei VEUS-Shipping.com mit Schwerpunkt Schiffsbetriebstechnik, Transport, Logistik, Schiffahrt, Hafen und dem weitreichenden Thema Umweltschutz sowie gesetzliche Auflagen für Antriebsmaschinen.